2021/2022
Der Glöckner von Notre Dame 11 +
nach Victor Hugo
von Jethro Compton
Deutsch von Birgit Kovacsevich
Stückinfo
Ort: | Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3 |
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Zeitraum: | 14. Oktober 2021 - 21. November 2021 |
Premiere: | 19. Oktober 2021 |
Dauer: | 01:55 |
Regie: | Jethro Compton |
»Es gibt nichts Schöneres, als geliebt zu werden, geliebt um seiner selbst willen oder vielmehr: trotz seiner selbst.«
Victor Hugo
Wer kennt sie nicht, die Geschichte einer vermeintlich unmöglichen Freundschaft, jener zwischen Quasimodo und Esmeralda? Auch wenn die beiden auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten, verbindet sie doch eine grundlegende Lebenserfahrung. Gleichermaßen von der Gesellschaft ausgestoßen, fristet der Eine seine Tage auf Grund seines Aussehens in Isolation, während die Andere wegen ihres Lebensentwurfs zur Heimatlosigkeit verurteilt ist.
Als ihre Wege sich kreuzen, verknüpft ein unheilvoller Vorfall ihre Schicksale. Was folgt, ist eine unaufhaltsame Spirale von Leidenschaft, Eifersucht und Gewalt, die so manches dunkle Geheimnis ans Tageslicht bringt. Wird die Gerechtigkeit Gehör finden, und kann die Liebe alle Intrigen überwinden?
Victor Hugo festigte spätestens mit diesem Meisterwerk der Literaturgeschichte seinen Ruf als »Shakespeare des Romans«, der dem französischen Nationaldichter schon zu Lebzeiten vorauseilte. Der 1831 unter dem Originaltitel »Notre Dame de Paris. 1482« erschienene Roman zeichnet ein vielschichtiges Bild des mittelalterlichen Paris und seiner heterogenen Gesellschaft. Im Mittelpunkt steht die namensgebende Kathedrale, vor deren Hintergrund sich zahlreiche Figuren tummeln. Der Handlungsstrang um den einsamen Glöckner Quasimodo und die zugleich geächtete und bewunderte Tänzerin Esmeralda erlangte jedoch besondere Berühmtheit und wurde, nicht zuletzt durch zahlreiche Bühnenadaptionen und Verfilmungen, Teil unseres kollektiven kulturellen Gedächtnisses. Die darin aufgeworfenen Fragen zu Ausgrenzung, Vorurteilen und gesellschaftlicher Stimmungsmache sind heute aktueller denn je und bilden den Ausgangspunkt für Jethro Comptons Neubearbeitung dieses faszinierenden Stoffes.
Aufführungsrechte: Theater der Jugend, Wien
Besetzung
Quasimodo | Frank Engelhardt |
Esmeralda | Soffi Povo |
Frollo | Bernhard Majcen |
Captain Phoebus / Clopin | Valentin Späth |
in weiteren Rollen | Ensemble |
Regie | Jethro Compton |
Bühne | Diana Zimmermann und Jethro Compton |
Kostüme | Andrea Bernd |
Komposition | Darren Clark |
Licht | Fritz Gmoser |
Dramaturgie | Sebastian von Lagiewski |
Assistenz und Inspizienz | Simone Tomas |
Hospitanz | Tamara Beck |
Kritiken
Kronen Zeitung – 22.10.2021Erfüllung nur im Tod
Kann die Liebe alle Intrigen überwinden? Regisseur Jethro Compton inszeniert seine neue Dramatisierung des Romanklassikers "Der Glöckner von Notre-Dame" von Victor Hugo für das Theater der Jugend im Zentrum (Liliengasse 3, 1010 Wien). Ein zeitloses, auch heute unglaublich spannendes Werk! (bis 11. Dezember)
Victor Hugos Roman über den missgestalteten Quasimodo zählt zu den bedeutendsten Werken der Weltliteratur und ist Vorlage zahlreicher Bühnenstücke und Verfilmungen. Hugo zeichnet ein ebenso farbenfrohes wie grausames Bild des mittelalterlichen Paris. In der Kathedrale von Notre Dame entspinnt sich ein verworrenes Beziehungsgeflecht rund um die schöne Esmeralda. Die Geschichte endet für alle tragisch und Quasimodos heimliche Liebe zu Esmeralda kann nur im Tod ihre Erfüllung finden. Compton arbeitet in dieser Spirale von Leidenschaft, Eifersucht und Gewalt, die dunkle Geheimnisse ans Tageslicht bringt, Psychologisches behutsam heraus. Lässt scheinbar Hässliches Würde und Schönheit entfalten.
Beeindruckend die Schauspieler Frank Engelhardt (Quasimodo), Soffi Povo (Esmeralda), Bernhard Majcen (Frollo) und Valentin Späth (Captain Phoebus) sowie das Leading Team Diana Zimmermann, Andrea Bernd und Darren Clark. Großes Theater für Jung und Alt.
Florian Krenstetter
Wiener Zeitung – 22.10.2020
Die Schöne und das Biest
Theater im Zentrum zeigt den Klassiker "Der Glöckner von Notre Dame".
Das Theater der Jugend fühlt sich den Werken der Weltliteratur verpflichtet, regelmäßig werden Klassiker auf dem Spielplan gehievt. Nun geht das Theater im Zentrum mit Victor Hugos Meisterwerk "Der Glöckner von Notre Dame" in die neue Spielzeit. Hugos historischer Roman aus dem Jahr 1831 umfasst viele Handlungsebenen, zeigt ein so farbenfrohes wie grausames Sittenbild der Pariser Gesellschaft im Hochmittelalter.
Die Bühnenfassung in der Bearbeitung des britischen Theatermachers Jethro Compton ist gekonnt auf vier Personen eingedampft. In einer Ausstattung, die das Mittelalter effektvoll zitiert, setzt Regisseur Compton das Stück routiniert um und konzentriert sich vor allem auf die tragische Liebesgeschichte. Wie sich der schwer deformierte Quasimodo, mit Verve verkörpert von Theater-der-Jugend-Grandseigneur Frank Engelhardt, in die unvergleichliche Esmeralda verliebt, ist anrührend.
Ensemble-Neuzugang Soffi Povo stellt die spanische Tänzerin und Sängerin auf mitreißende Weise dar, vor allem der sagenumwobene Tanz, bei dem sich halb Paris in "La Esmeralda" verschaut, wird flamencomäßig klassisch umgesetzt - mit energischen Steppschrittten, anmutigen Drehungen bei denen wehende Rockschößen und bunte Tücher gut zur Geltung kommen.
Petra Paterno
Kinderkurier – 22.10.2020
Jugendtheater „Glöckner von Notre Dame“: Auf Seiten der Außenseiter
Theater der Jugend spielt im kleineren Haus, dem Theater im Zentrum, Victor Hugos in einer (ver-)dicht(et)en Version.
Willkommen in der Welt der Ausgegrenzten, der Unterwelt, der Hexen, Bettler … - damit beginnt die „Glöckner von Notre Dame“-Version des Theaters der Jugend im kleineren der beiden Spielstätten, dem Theater im Zentrum. Wir befinden uns zu Beginn in der Unterwelt, dort wo die Ausgestoßenen ihre Gegenwelt samt eigenem Gericht aufgebaut haben. Angeklagt der berühmte, buckelige und im Gesicht entstellte Glöckner namens Quasimodo. Er soll die schöne, betörende La Esmeralda, „Zigeunerin“, entführt haben. …
Von hier ausgehend wird jener Teil des Werks von Victor Hugo der am meisten bekannt, weil oft auf Bühnen und in Filmen umgesetzt, gespielt.
Vier Personen
Der berühmte Autor selbst schildert in seinem Roman vielschichtig das Leben in und um die Kathedrale sowie in Paris Ende des 15. Jahrhunderts, namentlich rund um den 6. Jänner 1482, an dem das 3-Königsfest und der Narrentag zusammenfallen. Meist bleibt die ungewöhnliche Zuneigung zwischen der schönen Exotischen und dem bis dahin nur Eingesperrten/sich selbst isolierenden „Krüppel“ übrig.
In der Theater-der-Jugend-Fassung von Jethro Compton (Deutsch von Birgit Kovacsevich), der auch Regie führte, ist Hugos Roman im Wesentlichen auf vier Personen verdichtet: Esmeralda, Quasimodo, den Notre-Dame-Dechant Frollo und den ranghohen Soldaten Phoebus.
Teilweise Umdeutungen
Um sich auf die Seite der unterdrückten, Ausgestoßenen zu stellen, werden teilweise Facetten aus dem Roman umgedeutet – so ist es hier nicht Esmeralda (Soffi Povo, die auch tänzerisch und gesanglich überzeugt), die sich in den Hauptmann (Valentin Späth) verliebt, sondern umgekehrt. Allerdings erlebt Esmeralda im Soldaten einen doch differenzierteren Charakter als sie in seiner Uniform vermutet, überwindet also ein Vorurteil.
Ironisch-sarkastisch nimmt sie gängige „Zigeuner“-Klischees – Handlesen, Ziegen usw. – aufs Korn und zeigt glaubhaft ihren Freigeist und die Freiheitsliebe – sowohl als sie Quasimodo von den folternden Peitschenhieben befreit und noch viel mehr als sie Frollos „Angebot“ sie vor dem Scheiterhaufen zu bewahren ablehnt. Sie lässt sich nicht auf den Deal ein, sein Besitz zu werden.
Zuneigung contra Besitztum
Und sie empfindet zu Quasimodo echte Zuneigung, findet trotz hässlichen Äußeren seine Seele „schön“. Etwas, das auch Frollo (Bernhard Majcen) sagt, aber deutlich spürbar nicht wirklich so meint. Er sieht in seinem Schützling - meisterhaft wie Frank Engelhardt in dieser verkrüppelten körperlichen Position den hässlichen Sympathieträger, der sich gegen seinen „Vater“ aufzulehnen beginnt, spielt – nur ein Objekt, das er besitzen und formen kann und will.
Hassprediger
Etwas, das er auch mit Esmeralda machen möchte, denn die angeblich für sie entflammenden Gefühle lässt er nicht einmal im Ansatz spüren. Auch hier geht’s nur um Macht und Besitztum. Als sie sich nicht auf den Handel mit Frollo einlässt, spielt er erstmals eine emotionale Karte aus, die des Hasses auf alle „Zigeuner“, ja des faktischen Aufrufs zur Verfolgung dieser Volksgruppe.
Selbst die scheinbare Rettung Esmeraldas durch Quasimodo, der sie über die Kirchenschwelle trägt und „Asyl!“ ruft, beeindruckt Frollo nicht. Ende mit Schrecken – das und auch die Peitschenhieb-Szene zeigt, dass die Altersangabe ab 11 Jahren doch eingehalten werden sollte.
Ober- = Unterwelt
Spannend – neben dem Einbau von Gebärdensprach-Elementen – Quasimodo wurde ja durch das Glockenläuten gehörlos, kann aber reden, wenngleich er sich dafür schämt, weil er sein Sprache ja auch nicht hört – ist die Bühne (Diana Zimmermann und Jethro Compton): Das angedeutete Innere des Kirchturms ist – nur bei anderem Licht (Fritz Gmoser) die Unterwelt!
kurier.at/kiku/jugendtheater-gloeckner-von-notre-dame-auf-seiten-der-aussenseiter/401073900
Heinz Wagner
Materialien
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