2021/2022
Anne of Green Gables 6 +
nach Lucy Maud Montgomery
von Thomas Birkmeir
Stückinfo
Ort: | Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien |
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Zeitraum: | 13. Dezember 2021 - 30. Januar 2022 |
Premiere: | 14. Dezember 2021 |
Dauer: | 02:25 |
Regie: | Thomas Birkmeir |
»Neben dem Versuchen und Gewinnen ist das Beste,
Anne in »Anne of Green Gables«
es zu versuchen und zu scheitern.«
Nicht nur wegen ihrer knallroten Haare und grünen Augen fällt die quirlige Anne überall sofort auf. Mit blühender Fantasie, entwaffnender Ehrlichkeit, grenzenloser Neugier und hervorstechender Vorliebe für blumige Bonmots stellt sie ihr neues Zuhause Green Gables von der ersten Sekunde an auf den Kopf. Dabei hatten der alte Junggeselle Matthew und seine Schwester Marilla doch ausdrücklich einen Jungen aus dem Waisenhaus angefordert, der bei der Feldarbeit anpacken sollte! Eines ist klar: Für ein Mädchen, das immer eine kluge Frage auf den Lippen und das nächste Abenteuer im Kopf hat, ist auf dem Hof definitiv kein Platz. Der Entschluss steht fest, die Koffer sind bereits wieder gepackt.
So einfach lässt sich Anne von ihren neuen Zieheltern aber nicht wieder wegschicken und wirft ihre ganze Kraft und ihren ganzen Charme in die Waagschale, um die Herzen ihrer neuen Umgebung zu gewinnen. So nimmt nicht nur nach und nach Lebensfreude Einzug in den grauen Alltag auf Green Gables – das gesamte Dorf wird von seiner ganz besonderen neuen Einwohnerin durchgewirbelt. Doch Annes offenherzige Art und ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit stoßen nicht nur auf Gegenliebe und stellen sie und ihre neu gewonnenen Verbündeten schon bald vor große Schwierigkeiten.
Lucy Maud Montgomerys längst zum Klassiker avancierter Roman zeichnet das einfühlsame Bild eines ungewöhnlichen Mädchens, das sich nicht verbiegen lässt. Nicht umsonst gilt die willensstarke Anne, die niemals ihren Mut verliert, als Vorbild einer gewissen Pippi Langstrumpf.
Aufführungsrechte: Theater der Jugend, Wien
Besetzung
Anne | Victoria Hauer |
Marilla Cuthbert / S. Gaudiosa / Erzählerin 2 / Ensemble | Susanne Altschul |
Äbtissin Ermentrudis / Mrs. Rachel Lynde / Miss Prism / Mutter Annes / Erzählerin 1 / Ensemble | Pia Baresch |
Matthew Cuthbert / S. Hortensia / Captain Crow / Erzähler / Ensemble | Wolfgang Seidenberg |
Diana Lynde / S. Hyazintha / Nummer 3 / Erzählerin 4 / Ensemble | Shirina Granmayeh |
S. Petronilla / Bette Davis / Nummer 67 / Erzählerin 10 / Ensemble | Sara Lynn Boyer |
S. Moriosa / Lilian Gish / Nummer 35 / Erzählerin 9 / Ensemble | Nicole Klünsner |
S. Clementine / Jane Russell / Nummer 23 / Erzählerin 6 / Ensemble | Anja Quinter |
Charly Simmons / Nonne / Nummer 13 / Erzähler 8 / Ensemble | Alexander Findewirth |
Gilbert Blythe / Nonne / Nummer 45 / Erzähler 7 / Ensemble | Paolo Francesco Möller |
Rhett Butler / Nonne / Nummer 17 / Erzähler 5 / Ensemble | Jakob Pinter |
Lenard Scennard / Nonne / Nummer 27 / Erzähler 3 / Ensemble | Maximilian Vogel |
Swing | Ursula Anna Baumgartner |
Regie | Thomas Birkmeir |
Komposition | Gerald Schuller |
Musikalische Leitung | Ursula Wögerer |
Choreographie | Kaj Louis Lucke |
Bühnenbildkonzept | Thomas Birkmeir |
Kostüme | Irmgard Kersting |
Licht | Lukas Kaltenbäck |
Dramaturgie | Sebastian von Lagiewski |
Assistenz und Inspizienz | Viktoria Klampfl |
Hospitanz | Johanna Ortner |
Kritiken
Wiener Zeitung – 18.12.2021So frisch soll Kindertheater
Das Theater der Jugend zeigt den Roman-Klassiker von Lucy Maud Montgomery als flotte Musical-Revue.
Fantasievoll, entwaffnend ehrlich und ungestüm: Anne ist ein definitiv außergewöhnliches Mädchen. Der rothaarige Wildfang ist schon in jungen Jahren mit ziemlichen Herausforderungen konfrontiert. Wie sie diese mit Herz, Hirn und Humor meistert, hat Autorin Lucy Maud Montgomery in ihrem mehrfach verfilmten Roman "Anne of Green Gables" ausgeschmückt. Regisseur und Direktor Thomas Birkmeir hat mit dem Komponisten Gerald Schuller aus dem Klassiker für das Theater der Jugend ein flottes Bühnenstück gestrickt, das bunt schillernd irgendwo zwischen romantischem Musical, Rap-Revue in Versform und Sprechtheater angesiedelt ist.
Das junge, energiegeladene Ensemble - rund um jugendlich bezaubernde Victoria Hauer in der Titelpartie - tanz, singt und rappt sich durch die knappen zwei Stunden. In wechselnden Rollen sind sie einmal überdrehter Nonnenchor, verängstigte Waisenkinder oder besorgtes Bürgertum. So viel wandelbare Spielfreude ist schlicht erfrischend. Am Ende siegen Freundschaft, zarte Liebe und die unbändige Freude an der jugendlichen Selbstermächtigung.
Die vielen Musical- und Show-Elemente, die ein oder andere Portion Kitsch garniert mit einer Handvoll Kalender-Weisheiten dringen vielleicht nicht in jede poetische Tiefenschicht des Stoffes ein. In Tagen wie diesen ist das jedoch nicht einmal unbedingt ein Nachteil.
Judith Belfkih
Der Standard – 16.12.2021
Eins über die Rübe: "Anne of Green Gables" im Theater der Jugend
Das Waisenkind-Märchen gerinnt in Thomas Birkmeirs Regie und Bühnenfassung im Renaissancetheater zum launigen Musical
Bühnenfassungen und Stückneudichtungen sind es, die das Wiener Theater der Jugend unter der Leitung von Thomas Birkmeir seit bald zwanzig Jahren prägen. Kinderbuchklassiker wie Momo, Dschungelbuch, Alice im Wunderland oder Die Schneekönigin werden hier neu in Dialogform gebracht. Auch Stoffe aus dem Lektüregebiet älterer Semester erfahren einen jugendgerechten Zuschnitt: Schuld und Sühne, Hamlet, Der talentierte Mr. Ripley. Von Birkmeirs eigenen Stückbearbeitungen existieren laut Theater-Angaben mehr als siebzig nachfolgende Neuinszenierungen. Der Bedarf scheint groß zu sein, Klassiker für heutige Perspektiven neu auszurichten. Anne of Green Gables gehört seit Dienstag auch dazu.
"Sister Act"-Stimmung
Waisenkind-Geschichten, wie sie das 1908 erschienene Buch der kanadischen Autorin Lucy Maud Montgomery erzählt, haben in der Vorweihnachtszeit bekanntlich Hochsaison. Birkmeirs Fassung ist turbulent und launig und entpuppt sich in seiner Regie als Musical mit unzähligen Liedern (Komposition Gerald Schuller), die die notwendigen emotionalen Ausbrüche bündeln. Das verströmt zu Beginn, da Anne bei den Schwestern des Barmherzigen Ordens aufwächst, veritables Sister Act-Feeling und wechselt dann, auf der Farm der Adoptiveltern namens Green Gables, in viele akkurat gerappte Zwiegespräche und -gesänge.
Anne ist eine Vorläuferin von Pippi Langstrumpf und nur marginal besser frisiert und gekleidet als ihre rothaarige Ahnin. Aufgrund ihrer beider Ablehnungserfahrungen sind sie kämpferische Kinder geworden. (...) Empfohlen ab sechs Jahren.
Margarete Affenzeller
puls24.at/APA – 15.12.2021
"Anne of Green Gables" als Selbstermächtigungs-Musical
Das Mädchen hat keinen guten Start ins Leben: Von ihrer Mutter an der Schwelle eines Klosters abgelegt, wird es von Geistlichen Schwestern aufgezogen und kommt später in ein Kinderheim, das mehr einem Arbeitslager gleicht. Erst als es abhaut und von einem Bauern im Straßengraben aufgelesen wird, wendet sich das Blatt zum Guten. Was nach Charles Dickens oder Victor Hugo klingt, ist Lucy Maud Montgomerys Roman "Anne of Green Gables". Der wurde jetzt auf die Bühne gebracht.
Der Intendant der Theaters der Jugend, Thomas Birkmeir, sieht die Heldin des 1908 erschienenen Buchs der Kanadierin Lucy Maud Montgomery (1874-1942) wohl zur Recht als Vorläuferin von Pippi Langstrumpf und hat gemeinsam mit Komponist Gerald Schuller daraus ein Selbstermächtigungs-Musical für Kinder ab sechs Jahren gemacht. Die Uraufführung wurde am Dienstag im Wiener Renaissancetheater bejubelt.
Im Zentrum der zweieinhalbstündigen Aufführung steht die 24-jährige Victoria Hauer als selbstbewusste "Anne mit einem E hinten". Das Mädchen ist rothaarig, verwahrlost, vorlaut und dank der Klosterschwestern hochgebildet. Hauer punktet dabei auf allen Linien - mit geradezu ansteckender Begeisterung für die Möglichkeiten, die das Leben bietet, mit einem gut geölten Mundwerk, das ohne Rücksicht auf Verluste ständig im Einsatz ist, und auch mit einer gefühlvoll eingesetzten Singstimme. "Du kannst entscheiden, ob du Mäuschen bleibst oder als Löwin durchs Leben streifst", singt sie. Da kann niemand widerstehen.
Dass der musikalische Teil der Produktion nicht ihre größte Stärke ist, tut der Spielfreude des ganzen Ensembles keinen Abbruch. Birkmeir, von dem überdies das praktikable Bühnenbildkonzept stammt, bei dem an der Rückwand filmische Kulissen für Bewegung sorgen, geht mit dem Musical-Genre sowieso augenzwinkernd um. Das reicht von "Sister Act"-Anleihen mit den swingenden Nonnen über "Les Miserables"-Zitate bis zu den Choreografien von Kaj Louis Lucke, die in einem temporeichen Buben-Mädchen-Wettstreit in der Schule, an dem sogar der an der Wand hängende Elch Anteil nimmt, ihren Höhepunkt feiern.
Birkmeir hat den Roman an etlichen Stellen verändert - das tut niemandem weh und ist dem jungen Publikum wohl herzlich egal. Das bekommt eine höchst unterhaltsame Anleitung zum Selbstbewusstsein, viel zum Lachen und sogar eine Fast-Kussszene (der obligate Kommentar aus dem jungen Publikum: "Bäh!") geboten. Jetzt muss nur noch Corona mitspielen.
Wolfgang Huber-Lang
KIJUKU.at – 15.12.2021
Anne als ideelle Mutter von Pippi Langstrumpf
„Anne of Green Gables“ nach der kanadischen Schriftstellerin Lucy Maud Montgomery in einer Musical-artigen Version im Theater der Jugend (Wien) hinterfragt witzig überkommene Herrschafts-, und Erziehungsformen sowie Rollenklischees.
Was mit einem abgelegten sich bewegenden Stoffbündel beginnt, entpuppt sich im Laufe der rund zweieinhalb kurzweiligen, humvorvollen Musical-ischen Stunden auf der Bühne des Renaissancetheaters als „Mutter“ von Pippi Langstrumpf.
Das Findelkind „Anne of Green Gable“ war schon in den Originalbüchern der kanadischen Schriftstellerin Lucy Maud Montgomery ein starkes, selbstbewusstes, nie auf den Mund gefallenes rothaariges Außenseiter-Mädchen. Angeblich hat Astrid Lindgren diese Geschichten gekannt und sich von dieser Anne inspirieren lassen, als sie ihrer kranken siebenjährigen Tochter Abenteuergeschichten eines starken Mädchens erzählte, das diese Pippilotta Viktualia Rullgardina Krusmynta Efraimsdotter Långstrump nannte.
Thomas Birkmeir, Direktor des Theaters der Jugend, verdichtete die Originalerzählungen und brachte sie über weite Strecken in Reimform, viele davon gesungen in unterschiedlichen Stilen – Musical-mäßig, Rapp-artig, Hip*Hopig. Victoria Hauer als diese Anne ist von den ersten Szenen weg, in denen sie als Achtjährige im Kloster der Nonnen, die das Stoffbündel aufgenommen haben, diese widerständige „Pippi“, die Erwachsene mit ihren Erziehungsaufträgen anrennen lässt, indem sie deren scheinbare Logik mit einfachen Fragen ins Wanken bringt, ja oft dazu bringt, sich selber lächerlich zu machen.
Da die in mehreren Bändern veröffentlichte „Ann of Green Gable“-Geschichten bei uns nicht so bekannt sind, kürzest die Grundgeschichte. Die sehr arme Mutter legt das Kind gleich nach der Geburt, vor einem Nonnenkloster ab, klopft an und hofft natürlich, damit der Tochter ein chancenreiches Leben zu ermöglichen. Die Nonnen nehmen sie tatsächlich auf, nach Jahren verordnet der Bischof aber, sie müssten das Kind weg in ein Waisenhaus geben. Das steht unter dem Regime eines ausbeuterischen Tyrannen. Nach einigen Jahren gelingt Anne die Flucht – mit einigen anderen Kindern. In zerrissener Kleidung findet Mathew Cuthbert das Mädchen, nimmt es in sein und seiner Schwester Marillas Haus mit den grünen Giebeln (daher der Name). Wo sie von den anderen Dorfbewohner:innen als „Fremde“ angefeindet und ausgegrenzt wird. Ihre herzliche Wesensart aber … und so weiter – happy End – natürlich mit davor noch einigen Komplikationen.
Außer der schon genannten Anne-Darstellerin, der die Rolle fast auf den Leib geschrieben zu sein scheint, schlüpfen alle anderen elf Schauspieler:innen in die unterschiedlichsten Rollen – von Nonnen über Mitschüler:innen, Waisenkinder, die alle zu Nummer degradiert sind, Erzähler:innen und natürlich die schon genannten Cuthberts (Susanne Altschul und Wolfgang Seidenberg), die zögerlich – sie mehr als er – Anne dann doch aufnehmen und sie sogar adoptieren.
Nicht nur Hauer als Anne sorgt für viele Lacher in ihrem „naiven“ Kampf gegen herrschaftliches Verhalten, auch schon die Nonnen ganz zu Anfang haben’s lustig – und machen’s damit auch für das Publikum. Viele herzhafte Lacher und immer wieder auch Szenenapplaus – insbesondere nach den Musical-Einlagen belohnen das Dargebotene. (...)
Heinz Wagner
Materialien
Unsere theaterpädagogischen Materialien zu »Anne of Green Gables« bieten Ihnen Informationen, Fragebögen, Spiele und Szenenvorschläge! So können Sie die besuchte Aufführung mit Ihrem Kind oder Ihrer Klasse auf fantasievolle Weise vor- und nachbereiten.
Klicken Sie hier://www.tdj.at/fileadmin/tdj/Theaterpaedagogik_Input/Input_Tdj_AnneofGreenGables.pdf um die Materialien herunterzuladen.
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