2015/2016
Kalle Blomquist lebt gefährlich 6 +
von Astrid Lindgren
in einer Fassung von Gerald Maria Bauer
Stückinfo
Ort: | Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien |
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Zeitraum: | 10. Dezember 2015 - 23. Januar 2016 |
Premiere: | 11. Dezember 2015 |
Dauer: | 01:50 |
Regie: | Gerald Maria Bauer |
»Man merkt, dass du noch nie Kriminalistik
Astrid Lindgren. Kalle Blomquist lebt gefährlich
studiert hast. Für einen Meisterdetektiv ist das reine
Routinearbeit. Wie gesagt: reine Routinearbeit.«
Vorhang auf für den schwedischen Meisterdetektiv der Sonderklasse! – Ach, wie sehr träumt der zehnjährige Kalle Blomquist davon, sich bei abenteuerlichen Verbrecherjagden quer durch die großen Metropolen der Welt unentbehrlich zu machen! In Chicago oder den Londoner Vororten, da müsste man wohnen … Dort könnte man Tag und Nacht Gangster und andere finstere Gestalten jagen! Stattdessen ist er dazu verdammt, seine gesamten Ferien in einem langweiligen Kaff abzusitzen.
Hätte er nicht seine gescheiten, mutigen und goldrichtigen Spielgefährten Eva-Lotta und Anders, es wäre tatsächlich zum aus der Haut fahren! Selbst der seit einigen Jahren unter den Dorfkindern schwelende Bandenkrieg zwischen der sogenannten »weißen und der roten Rose« um eine kleine, aber begehrte Trophäe namens »Großmummrich«, fühlt sich in diesem Sommer an wie der peinlichste Kinderkram …
Aber wie Kalle feststellen darf, macht plötzlich ein schauriges Verbrechen auch vor der romantischen Idylle eines schwedischen Dorfes nicht Halt. Seine Freundin Eva-Lotta nimmt dabei als »Kronzeugin« eine Schlüsselrolle ein. Denn nur sie hat den Verbrecher mit eigenen Augen gesehen.
Doch das Allerbeste für Kalle kommt erst: Die Polizei tappt ahnungslos im Dunkeln. Wird es ihm und seinen guten Freunden gelingen, den entscheidenden Beweis zu liefern, um den gefährlichen Schurken ein für alle Mal hinter schwedische Gardinen zu bringen?
Mit ihrem kleinen Helden »Kalle Blomquist« hat Astrid Lindgren der Kinderliteratur einen würdigen Kollegen von Sherlock Holmes, Kommissar Maigret, Nick Knatterton und Co. geschenkt. Das Theater der Jugend präsentiert diese abenteuerliche Kriminalgeschichte als deutschsprachige Erstaufführung.
Aufführungsrechte: Verlag für Kindertheater Weitendorf GmbH
Besetzung
Kalle Blomquist | Florian Appelius |
Eva-Lotta | Tanja Raunig |
Anders | Michael Zwiauer |
Sixten | Bernhard Georg Rusch |
Benka | Markus Freistätter |
Gren / Kommissar | Horst Eder |
Wachtmeister Björk | Wolfgang Rupert Muhr |
Klas / Beppo, ein Hund | Rafael Wieser |
Regie | Gerald Maria Bauer |
Bühne & Videogestaltung | Sam Madwar |
Kostüme | Susanne Özpinar |
Figurenbau | Julia-Elisabeth Beyer |
Kampfcoach | Martin Woldan |
Licht | Christian Holemy |
Dramaturgie | Marlene Schneider |
Assistenz, Inspizienz | Rostyslav Samonov |
Hospitanz | Bianca Okresek |
Kritiken
Die Furche – 17.12.2015Dauerbrenner Astrid Lindgren
[…] In Wien nimmt sich das Theater der Jugend des zweiten Teils der „Kalle-Romane“ an und zeigt im Renaissancetheater „Kalle Blomquist lebt gefährlich“. Gerald Maria Bauer hat den Roman dramatisiert und zeichnet mit großem Feingefühl auch für die Regie verantwortlich. In seiner Inszenierung wird einer Vorlage, die in ihrem Vokabular heute unzeitgemäß und teilweise bedenklich erscheint — und diese Diskussion betrifft viele Kinderbücher —‚ der allergrößte Teil der Sprödheit genommen.
Im einfallsreichen Bühnenbild von Sam Madwar tobt der „Krieg der Rosen“, der durch den Kriminalfall abrupt gestoppt wird. Sowohl Bühne wie auch Inszenierung sind ideal auf den Stoff abgestimmt: Bereits in der den Abend eröffnenden Videoinstallation (eine Mischung aus Animation und dem real agierenden Kalle, die auf seine bislang bestandenen Abenteuer verweist), wie auch mittels Einsatz von Dreh- und Unterbühne wird die heile Kinderwelt des verschlafenen, schwedischen Nests gebrochen, in dem ja ohnehin „seit 700 Jahren“ nie etwas passiert — außer die von Kalle Blomquist zu lösenden Fälle. Gerald Maria Bauers Regie versteht es, einen „kindgerechten“ Krimi zu schaffen, immerhin beginnt die Zielgruppe für diese Produktion beim sechsten Lebensjahr. Bauer stülpt nicht den Blick der Erwachsenen über den der Kinder, im Gegenteil: Nur aufgrund der Beobachtungsgabe und ungetrübten Neugier der Kleinen kann der Fall gelöst werden.
In Kombination mit einer starken Ensembleleistung fiebert nicht nur das junge Publikum mit. Bauer bringt eine kluge und unterhaltsam-kurzweilige Produktion, die altersunabhängig überzeugt. Neben den jungen Helden erweist sich Hund Beppo (Figurenbau: Julia-Elisabeth Beyer) als Publikumsliebling, der entgegen dem heutigen Wissensstand mit Schokolade ruhig gestellt wird — und dabei hart an einem schlimmen Schicksal vorbeischrammt. „Ich fühle mich so alt. Beinahe wie fünfzehn“, sagt Eva-Lotta Lisander, dargestellt von Tanja Raunig, die auch hier zeigt, warum sie heuer zu Recht für den Nestroy Preis nominiert war: Sie steht der Power der männlichen Bandenmitglieder in nichts nach. Zugleich erzählt sie von der Verletztheit der unbedarften Kinderseele, als sie die einzige Zeugin eines Mordfalls wird. Was es bedeutet, wenn aus Spiel Wirklichkeit wird, löst Bauer sowohl ästhetisch als auch pädagogisch raffiniert. Dass sich am Ende alles in Wohlgefallen auflöst und der Bösewicht hinter Schloss und Riegel kommt, versteht sich von selbst. […]
Julia Danielczyk
Wiener Zeitung – 16.12.2015
Kinderbanden und Meisterdetektive
In einem friedlichen Städtchen ist ein Krieg ausgebrochen. Zwei Kinderbanden, die roten und die weißen Rosen, stehen sich erbittert gegenüber. Bewaffnet mit Schlagstöcken trifft man sich zum Kampf. Die Beute, um die es bei dieser Auseinandersetzung geht, ist der sogennnte Großmummerich - ein weißer Stein, eine Art Talisman und für die Ritter der Rosen ein kostbarer Schatz. Plötzlich ereignet sich ein echter Mord. Eines der Kinder, Eva-Lotta, gerät als Kronzeugin in Gefahr. Ihre Freunde, Meisterdetektiv Kalle Blomquist und Bandenchef Anders, stehen ihr bei - und lösen wie beiläufig den Fall. Astrid Lindgrens Kinderdetektivgeschichte "Kalle Blomquist lebt gefährlich" ist nun im Theater der Jugend, in der Spielstätte Renaissancetheater zu sehen.
Das idyllisch-hyperrealistische Bühnenbild (inklusive Baum und Sonnenblume) von Sam Madwar verleiht Lindgrens kleinem, kleinem Städtchen die Atmosphäre von ewigen Sommerferien. Die von den Socken bis zur Mütze detailgetreuen Kostüme von Susanne Özpinar belassen das Stück in der Entstehungszeit, Anfang der 1950er Jahre. Regisseur Gerald Maria Bauer gelingt mit dem achtköpfigen Ensemble eine handwerklich rundweg gekonnte Inszenierung. Bis zum erhobenen Zeigefinger des Wachtmeisters (Wolfgang Rupert Muhr) wurde in der zweistündigen Aufführung für Kinder ab sechs Jahren nichts dem Zufall überlassen. Tanja Raunig als Eva-Lotta und Michael Zwiauer als Anders stechen in der routinierten Darbietung hervor.
Petra Paterno
Kurier – kurier.at/KiKu – 12.12.2015
Kok a lol lol e
Kok a Lol lol e bob lol o mom quoqu i sos tot lol e bob tot nog e fof ä hoh ror lol i choch
[…] Das scheinbare Kauderwelsch ist volle Absicht. Wie die, die Astrid Lindgrens Meisterdetektiv Kalle Blomquist kennen und andere wohl vermutet haben könnten, handelt es sich um eine Geheimsprache. Die hat Astrid Lindgren „Räubersprache“ genannt und sie den drei Mitgliedern der Bande „Weiße Rose“ in den Mund gelegt. So können sich der besagte Kalle und seine beiden Kumpels, Eva-Lotta Lysander und Anders Bengtsson sogar dann unterhalten, wenn die Mitglieder der „Roten Rose“ in ihrer Nähe sind. Mit Benka, Jonte und Sixten liegen sie immer im Streit um den „Großmummrich“, eine kleine vom Äußeren her unscheinbare Figur, aber von unschätzbarem symbolischen Wert für die darum Kämpfenden. Solche Dinge gibt es in echt ja auch gar nicht so wenige in der Erwachsenenwelt.
Das Theater der Jugend spielt in seinem großen Haus, dem Renaissancetheater in der Wiener Neubaugasse, seit kurzem den Band zwei der Lindgren’schen Meisterdetektiv-Serie, „Kalle Blomquist lebt gefährlich“ - übrigens der Beginn dieses Artikels aus der „o“-Sprache übersetzt, in der jeder Konsonant (Mitlaut) ein o kriegt und dann wiederholt wird.
Im verschlafenen schwedischen Dorf, das durch Projektionen in mehreren Ebenen idyllisch plastisch wirkt, liegt Kalle meist unter einem Birnbaum und beobachtet, beobachtet, beobachtet. Viel ist hier ja nicht los, aber in Band 1 der Buchreihe hat er einen Juwelenraub aufgeklärt. Und nun in diesem Band, in dem vor allem Eva-Lotta viel gefährlicher lebt als Kalle, passiert ein Mord. An einem Wucherer, dem alten Gren, der außerordentlich viel Zinsen für hergeborgtes Geld verlangt.
Ein Gläubiger erschießt den, ausgerechnet dann als Eva-Lotta den Großmummrich in diesem Holzhaus, dem Hauptquartier der „Roten Rose“ verstecken will. Kalle könnt’s nicht tun, weil er an diesem Tag seinen Eltern in deren Geschäft aushelfen muss. Da sie dem Täter kurz danach direkt begegnet, versucht der sie… Und daran hat auch eine Zeitung Schuld, die das Mädchen als Augenzeugin mit vollem Namen outet…
Natürlich geht die Sache letztlich gut aus, die Kinder - beider Banden - helfen mit, den Täter dingfest zu machen, wobei Kalle mit seinem mobilen Labor den Beweis liefert.
Flott verfliegen die fast zwei spannenden Stunden, die auch für den einen oder anderen Lacher sorgen. Besonders beeindruckt Tanja Raunig als Eva-Lotta in jener Passage als sie voll geschockt und am Boden zerstört ist, nachdem sie im Haus den ermordeten Gren gesehen hat und zuvor dem Mörder begegnete. In diesen Momenten kann vielleicht ein klein wenig nachvollzogen werden, wie es Kindern und Jugendlichen geht, die flüchten mussten, weil sie in ihren Heimatländern in unmittelbarer Nähe Ermordete oder gar die Taten selbst mitansehen mussten.
Heinz Wagner
Ö1 - oe1.orf.at - Kulturjournal – 11.12.2015
Lindgrens "Kalle Blomquist" am Theater der Jugend
Die Kinderbuchautorin Astrid Lindgren bleibt auch 13 Jahre nach ihrem Tod präsent. Im Theater der Jugend kommt erstmals im deutschsprachigen Raum ihr Meisterdetektiv "Kalle Blomquist" auf die Bühne. Regisseur ist der Chefdramaturg des Theaters Gerald Maria Bauer; […].
Bei vielen Kinderromanen bringt die Fantasie Erlösung aus dem grauen Alltag, hier aber wird die Fantasiewelt eines Kindes durch die Realität erschüttert. Doch mit Astrid Lindgrens psychologischem Feingefühl kann man Schreckliches - wie einen Mord - auch für Sechsjährige erzählen, meint Bauer, der die - wie er sagt "Lausbubengeschichte" ansprechend verpackt und auf eine bunte, liebevoll und detailreich ausgestattete Bühne stellt. Das sei zwar gänzlich gegen die Mode, aber der Retro-Charme der Geschichte müsse beibehalten werden. […]
Astrid Lindgren am Theaterspielplan - das spricht gleich mehrere Generationen an und garantiert familienfreundliche, pädagogisch einwandfreie und zeitlose Qualität. "Bis heute ist sie eine der mutigsten Autorinnen, die Tabuthemen wie den Tod aufgegriffen hat: Sie war eine wesentliche Anwältin von Kindern, um ihnen zu sagen: auch die Kleinsten haben Rechte (…) und mit denen können sie auch etwas bewirken, ein wichtiger Teil in der Gesellschaft sein", sagt Bauer. […]
Katharina Menhofer
Materialien
Unsere theaterpädagogischen Materialien zu "Kalle Blomquist lebt gefährlich" bieten Ihnen Informationen, Fragebögen, Spiele und Szenenvorschläge! So können Sie die besuchte Aufführung mit Ihrem Kind oder Ihrer Klasse auf phantasievolle Weise vor- und nachbereiten. Schicken Sie uns eine E-Mail an [YjY0dGFnOmZyZWRlcmlrZS5zdG9semVuYnVyZ0B0ZGouYXQ=] und Sie bekommen die Materialien umgehend zugesandt.