2014/2015
Die Brüder Löwenherz 6 +
von Astrid Lindgren
in einer Fassung des Theaters der Jugend von Wolfgang Türks
Stückinfo
Ort: | Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien |
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Zeitraum: | 19. Mai 2015 - 27. Juni 2015 |
Premiere: | 21. Mai 2015 |
Regie: | Michael Schachermaier |
»Aber es gibt Dinge, die man tun muss, sonst ist man
Astrid Lindgren. Die Brüder Löwenherz
kein Mensch, sondern nur ein Häuflein Dreck.«
Karl Löwe, auch Krümel genannt, ist krank. Trost gibt ihm vor allem sein älterer Bruder Jonathan: »Ich glaube, es wird herrlich für dich.« Denn wenn man stirbt, gelangt man in das phantastische Land »Nangijala«, schwärmt dieser ihm vor. »Das ist etwas anderes als im Bett liegen und husten und krank sein und nie spielen können.«
Doch bevor es so weit kommt, verliert Jonathan beim Versuch sich und seinen Bruder mit einem Sprung aus dem brennenden Haus zu retten, sein Leben. Krümel ist nicht traurig, denn er weiß, bald wird er seinen Bruder wiedersehen!
Und Jonathan hatte Recht: Im Kirschtal in Nangijala sind die Brüder »Löwenherz« wieder vereint. Dort ist es genauso herrlich, wie Jonathan es beschrieben hat, und es ist wahrhaftig das Land, wo man von einem großen Abenteuer ins nächste taumelt. Und Jonathan wäre nicht der wunderbare größere Bruder, den sich jeder wünscht, wenn er nicht auch schon Freunde gefunden hätte: allen voran Sophia und Jossi. Weil Krümel und Jonathan so mutig sind, werden sie von nun an auch nur noch die »Brüder Löwenherz« genannt.
Aber eine Idylle ist das Kirschtal nur auf den ersten Blick, denn von dem benachbarten Heckenrosental geht eine finstere Bedrohung aus. Dort herrscht der grausame Tengil, der seine Mitbewohner unterdrückt und es nun auf seine Nachbarn abgesehen hat. Helfen sollen ihm dabei nicht nur seine Soldaten, sondern ein schreckeneinflößendes Ungeheuer namens »Katla«. Das darf man nicht zulassen, davon sind die Brüder Löwenherz überzeugt.
Ob es den Beiden gelingt, Tengil zu besiegen, erzählt die weltberühmte schwedische Autorin Astrid Lindgren in ihrem wohl einfühlsamsten Kinderbuch.
Aufführungsrechte: Verlag für Kindertheater Weitendorf, Hamburg
Besetzung
Karl Löwenherz | André Haedicke |
Jonathan Löwenherz | Jan Hutter |
Sophia / Mutter | Doris Prilop |
Jossi Goldhahn / Orwar / Lehrer | Frank Engelhardt |
Matthias | Uwe Achilles |
Fjalar / Tengil / Katla / Wache an der Katlahöhle / Taube | Christian Pfütze |
Hubert / Pjuke, Tengils Berater / Wächter am Tor / Grim | Michael Schusser |
Veder | Emanuel Fellmer |
Kader / Wache an der Katlahöhle | Nico Ehrenteit / Alexander Meile |
Trauergemeinde / Bewohner des Kirschtals / Bewohner des Heckenrosentals / Soldaten | Ensemble |
Regie | Michael Schachermaier |
Bühne und Kostüme | Jan Meier |
Licht | Christian Holemy |
Figurendesign und Bau | Rebekah Wild |
Dramaturgie | Wolfgang Türks |
Assistenz und Inspizienz | Felix Metzner |
Hospitanz | Elvira Rumetshofer |
Assistenz Figurenbau | Julia Jeulin |
Nene Lazaric |
Kritiken
Wiener Zeitung – 08.06.2015Das Abenteuer endet nie
Die Geschichte der Brüder Löwenherz ist so bedrückend, dass sie einem im Herzen wehtut. Sie beginnt damit, dass der kleine Krümel todkrank ist und bald sterben muss, zuvor stirbt jedoch der ältere und kerngesunde Bruder Jonathan. Der Tod von Kindern als geeignetes Sujet für eine Kindertheateraufführung? Unbedingt! Denn in Astrid Lindgrens Klassiker "Die Brüder Löwenherz" erleben die Kinder nach dem Tod ihre besten Abenteuer. Sie kommen nach Nangijala, dem "Land der Sagen und Lagerfeuer", leben im Reiterhof und kämpfen bald gegen eine brutale Soldatenarmee, ringen den grausamen Herrscher nieder und besiegen sogar einen Drachen.
Wie Regisseur Michael Schachermaier diese irrlichternden Abenteuer auf die Bühne des Renaissancetheaters (Theater der Jugend) bringt, ist ungemein packend, geradezu nervenaufreibend. Das kongenial variable Bühnenbild von Jan Meier eröffnet ein ideales Spielfeld für das neunköpfige Ensemble - mit wenigen Handgriffen entstehen wilde Schluchten und sanfte Wiesen, schaurige Höhlen und gemütliche Wirtsstuben. Besonders gelungen sind die Holzpferde, auf denen die Brüder über die Bühne stürmen. André Haedicke überzeugt als Krümel Löwenherz, mitreißend bekämpft er seine Angst und steht seinem älteren Bruder, dem Draufgänger Jonathan (Jan Hutter), bei keiner Herausforderung nach.
Astrid Lindgren versucht, mit dieser wundersam berührenden Geschichte dem Tod etwas von seinem Schrecken zu nehmen. Die tröstende Botschaft der Autorin: Im Reich der Toten geht das Geschichtenerzählen weiter.
Petra Paterno
KinderKurier Online – 22.05.2015
Lieber Mensch sein als Häuflein Dreck
"Das wär doch nix für Kinder", meinten viele, als Astrid Lindgren "Die Brüder Löwenherz" veröffentlichte. Wurde sie schon von vielen Seiten für ihre mutige, selbstbewusste, freche, ja alle Herrschaft in Frage stellende "Pippi Langstrumpf" anfangs angefeindet, so würde Tod im Kinderbuch gar nicht gehen, meinten nicht nur betuliche Erwachsene. Auch ein Psychologe bei einer Tagung äußerte der Autorin gegenüber Bedenken, schilderte sie einst in einem Interview und setzte mit einer weiteren Begebenheit fort: Tags darauf rief ein junges Mädchen bei Lindgren an und sagte: "Ich habe soeben Die Brüder Löwenherz gelesen. Vielen Dank, dass du so einen glücklichen Schluss geschrieben hast."
Das Theater der Jugend in Wien zeigt die Geschichte von Jonathan und Karl, genannt "Krümel", Löwe in einer eigenen Fassung. Letzterer hat nur mehr kurz zu leben. Der Bruder muntert ihn immer wieder auf, indem er mit ihm ausgelassen spielt. Aber er nimmt ihm auch die Angst vor dem Tod. Danach käme man in eine Art Schlaraffenland namens Nangijala. Dort landet Jonathan sogar noch vor Karl, weil der seinen kranken Bruder aus einem brennenden Haus befreit und dabei selbst ums Leben kommt. Als "Krümel" bald danach stirbt, sind sie im Kirschtal des Fantasielandes vereint. Und weil Nangijala ja eine Geburt aus Jonathans Kopf ist, spiegelt sie auch die wirkliche Welt wider. Und so gibt’s nicht nur die gute Welt, sondern auch die böse in Form des Heckenrosentals und seines Diktators Tengil samt dessen Ungeheuer Katla.
So durchleben die beiden Brüder im Jenseits ziemlich viele Abenteuer. Immer und immer wieder stehen sie einander bei und füreinander ein. Auch in den schwierigsten Verhältnisse. Und so gilt bald auch für Krümel, was ihm sein Bruder Jonathan recht früh erklärt, als er ihn rund ums brennende Haus fragte, weshalb er sich selber in Gefahr begebe, "nur" um ihn zu retten: "Es gibt Dinge, die man tun muss, selbst wenn es gefährlich ist." – "Aber warum bloß?" – "Weil man sonst kein Mensch ist, sondern nur ein Häuflein Dreck!"
Neben dem entspannten Umgang mit dem Tod sind die beiden Brüder, die sich einander ob ihres Mutes den erweiterten Nachnamen Löwenherz geben, vor allem Vorbilder in Sachen Kampf gegen Ungerechtigkeit und die Unterdrückung durch einen Tyrannen.
Heinz Wagner