2003/2004
Die wundersame Reise des kleinen Kröterichs 6 +
von Yaakov Shabtai und Mirjam Pressler
Österreichische Erstaufführung
Stückinfo
Ort: | Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien |
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Zeitraum: | 25. November 2003 - 20. Dezember 2003 |
Premiere: | 27. November 2003 |
Regie: | Frank Panhans |
»Liebe Eltern! Ich habe beschlossen auf Wanderschaft zu gehen. Auf meinen eigenen Füßen zu stehen, auch wenn ich nicht genau weiß, was das heißt. Bleibt gesund, alles Liebe.«
Yaakov Shabtai/Mirjam Pressler. Die wundersame Reise des kleinen Kröterichs
Bisher ging es Klein Kröterich, von seinen Eltern liebevoll Klein-K. genannt, eigentlich ganz gut. Unbekümmert lebte er vor sich hin, bis eines Tages sein Freund Richard, der freakige Grashüpfer, ihm von dem See Irgendwo hinter dem Nirgendwo berichtet. Wunderschön soll das Leben dort sein, und die Bewohner tanzen und singen den ganzen Tag.
Da spürt Klein-K. plötzlich die Sehnsucht in seinem Herzen. Denn, so berichtet Richard weiter, dort an dem fremden See erlebt man »drei Abenteuer am Tag und sieben Überraschungen. Und sonntags doppelt so viel.« – Das klingt zu verlockend für einen kleinen Kröterich, der auch mal was erleben will.
Während seine Eltern sich auf der Sumpfparty vergnügen und den Sohnemann im Bett vermuten, nützt Klein-K. die Gelegenheit und macht sich auf den Weg, um »auf eigenen Füßen zu stehen, auch wenn ich nicht genau weiß, was das heißt.«
Für Klein-K. tut sich von nun an ein ganzer Wiesenkosmos auf, der im Kleinen das widerspiegelt, was im Großen die Welt zusammenhalten könnte: Sandkrebse, Schaben, Raben und ein Weberknecht – sie alle haben Klein-K. einiges mitzugeben auf seine Wanderschaft, die ihn in die vermeintliche »Stadt der endlosen Freuden« führt. Doch leider muss er feststellen, dass nicht alle Wiesenbewohner es gut mit ihm meinen und das Leben so manche Tücken für ihn bereithält.
Das Märchen vom kleinen Kröterich, der, voll zauberhafter Unschuld auf der Suche nach sich selbst, Wege zum Erwachsenwerden findet, gehört zum Kanon israelischer Kinderliteratur und wird vom Theater der Jugend als österreichische Erstaufführung gezeigt.
Aufführungsrechte: Verlag Autorenagentur, Berlin.
Besetzung
Klein Kröterich | Manuel Witting |
Richard, Grashüpfer | Christian Banzhaf |
Vater Kröterich | Ralf Bockholdt |
Mutter Kröterich | Regina Schweighofer |
Sandkrebs | Peter Steiner |
Krabbe | Horst Eder |
Rabe | Valentin Schreyer |
Eule | Johannes Kaiser |
Maus | Simon Jaritz |
Drei Schaben | Susanne Rader, Astrid Golda, Stephanie Lang |
Mistkäfer | Ronald Kuste |
Chamäleondame | Regina Schweighofer |
Nashornkäfer | Klaus Rott |
Seidenspinner | Simon Jaritz |
4 Federn | Horst Eder, Peter Steiner, Johannes Kaiser, Valentin Schreyer |
Grille, Zikade, Mücke | Susanne Rader, Astrid Golda, Stephanie Lang |
Floh | Simon Jaritz |
Weberknecht | Valentin Schreyer |
Schnecke 1 | Johannes Kaiser |
Schnecke 2 | Klaus Rott |
Gottesanbeterin | Regina Schweighofer |
Musiker, Perc., Wanze | Lenny Dickson |
Regie | Frank Panhans |
Bühnenbild | Tom Presting |
Kostüme | Polly Matthies |
Musik | Thomas Zaufke |
Choreografie | Elisabeth Orlowsky |
Dramaturgie | Marlene Schneider |
Assistenz und Inspizienz | Eva Maria Gsöllpointner |
Hospitanz | Gerlinde Ottinger |
Kritiken
Kurier – 02.12.2003Märchen mit Tiefgang
Eigentlich geht es Klein-Kröterich ganz gut: Friedlich lebt er am Teich, wird brav gefüttert und hat in Richard, dem etwas freakigen Grashüpfer, einen echten Freund. Doch dann lockt der Ruf der weiten Welt und Kröterich geht auf Wanderschaft. Im Wald jedoch lauern viele Gefahren, regieren Lüge, Neid, Betrug und Krieg. Nicht jedes Tier hat einen guten Charakter und so ein reiner Tor wird leicht zum Spielball böser Mächte. Für das Theater der Jugend hat Regisseur Frank Panhans Yaakov Shabtais »Die wundersame Reise des kleinen Kröterichs« in Szene gesetzt. Eine psychologisch sehr kluge Abhandlung über das Erwachsenwerden.
Drei als Revue-Girls auftretende Schaben (gut: Susanne Rader, Astrid Golda, Stephanie Lang) begleiten Kröterich (naiv und stark: Manuel Witting, Bild) auf seiner Reise; viele Musiknummern sorgen für Leichtigkeit. Panhans spart nicht mit Doppeldeutigkeiten; füllt die wandelbare Bühne (Tom Presting) mit prallem Leben. Wunderbar die phantasievollen Kostüme (Polly Matthies), die ohne Peinlichkeit die Grenzen zwischen Mensch und Tier verschwimmen lassen. Aus dem Ensemble ragen Christian Banzhaf (als Mick-Jagger-Grashüpfer), Simon Jaritz (präsent-böse), Ronald Kuste (ein schleimiger Mistkäfer) und Regina Schweighofer (Chamäleondame) heraus. Ein feines Märchen mit Tiefgang.
Peter Jarolin
Kronen Zeitung – 29.11.2003
Viel Fröhlichkeit im Wiesengrund
In eine große Welt im Kleinen, ins Reich der Kriechtiere, Kleinsäuger und Insekten lockt das Theater der Jugend in der Vorweihnachtszeit mit Yaakov Shabtais »Die wundersame Reise des kleinen Kröterichs«. Regisseur Frank Panhans und seinem Team Tom Presting (Bühne) und Polly Matthies (Kostüme) ist dabei ein buntes und sehr professionelles Musikmärchen gelungen.
Singende Kakerlaken in glitzernden, feuerwanzenroten Abendroben swingen durch die Szenerie zwischen Krötenteich und dem Land Nirgendwo mit dem See Irgendwo: als Andrew Sisters vom Wiesengrund begleiten Susanne Rader, Astrid Golda und Stephanie Lang den Kröterich Klein-K. auf seiner wundersamen Reise in die weite Welt. Singen können die! Und »Schabenfreude« zeigen!
Frank Panhans inszeniert äußerst erfolgreich am Berliner Grips Theater. Er weiß, was Kinder mögen, und es gelingt ihm, Shabtais dramaturgisch eher schwaches Märchen – auch mit Hilfe von Thomas Zaufkes Musik – zum Erfolg bei den kleinen Leuten zu führen.
Er scheut nicht die Showtreppe, inszeniert ein fantasievolles Maskenspiel in der Stadt der Fröhlichkeit und entzieht das Lehrreiche des Stücks ein wenig der biederen Moral: So erlebt Manuel Witting als gut gepolsterter Amphibienknabe das Gute und das Schlechte menschlichen Zusammenlebens mit tierischer Herzlichkeit und Verspieltheit.
Vom Grashüpfer Richard (Christian Banzhaf) bis zu den »altgedienten Herren« des Theaters der Jugend in Ballettröckchen: ein perfektes Ensemble spielt und singt mit Freude am Spaß.
Thomas Gabler
Falter – 10.12.2003
Jemand zieht aus, um das Land seiner Sehnsucht zu suchen, findet es schließlich sogar – und stellt fest, dass er nun an seinen Ausgangspunkt zurückgekehrt ist. Diese Parabel muss nicht als Stubenhockerapotheose verstanden werden, denn »Die wundersame Reise des kleinen Kröterichs« vom israelischen Autor Yaakov Shabtai, die nun im Renaissancetheater als Musical (Musik: Thomas Zaufke) aufgeführt wird, macht den Titelhelden ja um einige Erfahrungen reicher und setzt ihn in die Lage, einen völlig anlasslosen Krieg zu Ende zu bringen. Dazwischen wird der freundlich-naive Kröterich (Manuel Witting) mit herrischen Raben, linken Mäusen und verschlagenen Mistkäfern konfrontiert und gerät in die Stadt der endlosen Freude, die unter dem Joch eines Spaßterrorregimes stöhnt. Das schwungvoll inszenierte (Frank Panhans) Stück selbst hingegen macht sehr wohl Spaß; und ein sexy Schabentrio in Schnürstiefeln und Fishnets sorgt dafür, dass auch begleitende Papis bei der Stange gehalten werden.
Klaus Nüchtern
Die Presse – 02.12.2003
Klein Kröterichs Karambolagen
Das Leben kann ganz schön gemein sein. Friedlich faulenzt und frisst der kleine Kröterich an seinem See. Da wird er von seinem Freund Richard, dem Grashüpfer, mit tollen, aber erlogenen Geschichten weggelockt nach Irgendwo im Nirgendwo. Statt einer wundersamen Reise erlebt »Klein K.« gruselige Abenteuer, die ihn vom Bruder Simpel in einen gewitzten Jungen verwandeln …
»Die Großen langweilen sich, und die Kleinen kennen sich nicht aus«, bemerkte ein Besucher in der Pause der österreichischen Erstaufführung des Theaters der Jugend im Renaissancetheater. Tatsächlich wirkt der Text des israelischen Autors Yaakov Shabtai (1934 bis 1981), übersetzt und wohl auch bearbeitet von Mirjam Pressler, ziemlich sophisticated, inhaltlich, noch mehr aber sprachlich.
Tom Presting entwarf dafür ein minimalistisch illustratives Bühnenbild, in dem sich Polly Mathies' fantasievolle Kostüme höchst prächtig entfalten, ansprechend und flott ist auch die Musik (Thomas Zaufke) geraten.
Aber Optik und musikalische Umrahmung sind eben nicht alles. Um den nicht unkomplizierten Plot über die Rampe zu bringen, lässt Regisseur Frank Panhans kräftig forcieren. Das trifft vor allem den Hauptdarsteller »Klein K.« (Manuel Witting), der sich mit großen Gesten und Grimassen abarbeitet. Geschmeidig zieht sich Christian Banzhaf als Grashüpfer aus der Affäre.
Über zwei Dutzend Figuren gibt es, das soll für Abwechslung sorgen, führt aber auch zu Verwirrung, Längen – über die der erstaunlich reibungslose Ablauf nicht hinweg trösten kann. Unterschiedlich gelungen: die Besetzung. Reizend ist der Chor der schadenfrohen Schaben (Susanne Rader, Astrid Golda, Stephanie Lang). Auch Ronald Kuste (Josefstadt) nützt seine bewährten Qualitäten als skurriler Typ. Der Gesamteindruck bleibt zwiespältig. Zu viel Ehrgeiz, die Qualität hochzuschrauben, kann manchmal auch kontraproduktiv sein.
bp