2002/2003
Winner & Loser 13 +
von Lutz Hübner
Österreichische Erstaufführung
Stückinfo
Ort: | Theater im Zentrum, 1010 Wien, Liliengasse 3 |
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Zeitraum: | 18. Oktober 2002 - 24. Januar 2003 |
Premiere: | 18. Oktober 2002 |
Regie: | Ensemble |
»SVEN: Ich weiß, dass das nicht cool ist, es ist eigentlich uncool. Aber cool ist inzwischen ja auch uncool, und uncool irgendwie auch. Ich glaube, im Moment ist nichts cool, bis dahin kann man sich selber aussuchen, was cool und uncool ist.«
Sven, 17, aus: Lutz Hübner, Winner & Loser
Ahoi, Liebe! - Andi ist unsterblich verliebt - in Marie, die Queen des Schulhofes. Doch die ahnt noch nichts von ihrem Glück. Wie auch? -- So richtig ranschmeißerisch war Andi nie, und so kommen die Ratschläge des besten Freundes Julian gerade Recht. Denn Julian war schon immer smart und weiß, wo's lang geht im Leben.
Um Andis glücklosem Herzen einen Schubs zu geben, wird kurzerhand eine Party arrangiert. Marie ist schon im Anmarsch, in Begleitung ihrer kleinen Schwester und Nervensäge Annika, die auch mal was erleben will.
Doch da wendet sich das Blatt, und die ersten Absagen trudeln ein, so dass der einst so liebevoll vorbereitete Abend Gefahr läuft, zum größten Flop seit Erfindung der Zahnspange zu werden. Kurzerhand beschließt man, die Party via Radio zum Open House umzufunktionieren, ohne die Möglichkeit zu bedenken, dass bald ein Heer Ungeladener über das elterliche Idyll herfallen könnte.
Dazwischen taumeln die verwundeten Herzen, das Rad der Ups and Downs dreht sich immer schneller, und die tiefe Erkenntnis greift um sich, dass das Leben nicht so abläuft wie das Wunschkonzert im Nachmittagsprogramm: Denn nur ganz selten kriegt man das, was man schon immer wollte. Aber vielleicht ist Winner ja tatsächlich nur ein anderes Wort für Loser, und im Leben geht's um ganz andere Dinge?
Besetzung
Andi | Peter Richter |
Julian | Jakob Seeböck |
Sven | Lukas Sartori |
Marie | Ildiko Babos |
Annika | Irene Halenka |
Silvana | Jim Libby |
Inszenierung | Ensemble |
Ausstattung und Lichtgestaltung | Jürgen Kirner |
Dramaturgie | Gerald Maria Bauer / Raoul Biltgen |
Assistenz und Inspizienz | Ferdinand Klauser |
Regiehospitanz | Esther Palka |
Kritiken
Kronen Zeitung – 20.10.2002Sechs »Kloburger« im Party-Chaos
Erfolgreicher könnte der Beginn einer neuen Ära nicht ausfallen! Nach dem gelungenen Start Thomas Birkmeirs als Chef des Theaters der Jugend im Renaissancetheater zeigt er mit der Erstaufführung von Lutz Hübners »Winner & Loser« auch im Theater im Zentrum eine glückliche Hand für Stücke und junge Talente.
Steinig, aber auch heiter ist die Grenzüberschreitung zum Erwachsensein der Klosterneuburger Schüler in Lutz Hübners Stück, das sich das junge Ensemble als Regiekollektiv nach Ausfall der Regisseurin Paola Aguilera selbst zurechtgemacht hat. Die Sprache ist zwar dem »Zeitgeist« angepasst, ist »cool« und »Kult«, schnell und lässig. Aber sie lässt dennoch Sehnsüchte des Herzens spüren.
Fünf Teenager auf dem Scheideweg: Die zwecks Liebe inszenierte Party endet im Chaos, bei dem nicht nur Möbel zu Bruch gehen. Denn im Designer-Wohnzimmer (ideenreiche Bühne: Jürgen Kirner) irgendwo in »Kloburg« enden auch Gefühle und Freundschaften im Trümmerfeld. Und Angst vor dem, was da noch kommt,wird spürbar.
Peter Richter als Andi, der kluge Kopf und unsterblich verliebt in die Schönheitskönigin des Schulhofs (Ildiko Babos), fördert als Erster die Zweifel am Dahinleben zutage. Eher auf der Seite der Loser steht Jakob Seeböck als lockerer Julian mit menschlichen Zügen trotz »Spaß-Faktors«.
Hang zum Komischen zeigen Lukas Sartori (Sven) und Irene Halenka als Nervensäge Annika, Drang zum perfekten Show-Auftritt Jim Libby als »Tante« Silvana. Die sechs gefallen in einem intelligenten, rasanten, sprachlich perfekten Abend.
Thomas Gabler
Wiener Zeitung – 21.10.2002
Wer ist ein Gewinner?
Gerade in unserer Gesellschaft meinen viele zu wissen, wer ein Gewinner und wer ein Verlierer ist. Und unreife Menschen jeglichen Alters sind mit solch einem Urteil schnell zur Hand. Doch, was sind eigentlich die Kriterien?
»Winner & Loser« heißt das Stück des 1964 in Heilbronn geborenen Autors Lutz Hübner, das jetzt als Produktion des Theaters der Jugend im Theater im Zentrum Premiere hatte. Die zweite übrigens unter der neuen Leitung. Und auch sie konnte wieder restlos überzeugen.
Hübner zeigt eindrucksvoll, wie sehr plakative Bildmuster täuschen. Der Schüchti ein Loser? Der sprücheklopfende Aufreißer ein Winner? So scheint es vorerst. Doch, wenn eine Herausforderung, wenn das »Erwachsenwerden« an die jungen Leute herantritt, kann alles sehr schnell ins Gegenteil umschlagen.
Für die Inszenierung zeichnet diesmal das Ensemble, Ausstattung und Lichtgestaltung sind von Jürgen Kirner. Er schuf eine im Vordergrund minimalistische, im Hintergrund üppig ausufernde Dekoration. Ein symbolträchtiger »Dschungel« lässt die handelnden Personen immer wieder in eine andere Welt eintauchen und aus dieser »Welt« kommt schließlich das androgyne Wesen, das entlarvt und verändert und damit alles ins rechte Licht rückt.
Hervorragend ist das Quintett der Pubertären. Ildiko Babos, Irene Halenka, Peter Richter, Jakob Seeböck, Lukas Sartori, sie alle überzeugen, reißen mit bis zur Faszination. Dem (der) als Katalysator dienenden Störenfried einer verunglückten Party gibt Jim Libby aparte Züge.
Ein schauspielerisch glänzender Abend mit einer wichtigen Aussage.
Lona Chernel
Kurier – 20.10.2002
Das Leben als Seifenoper
Es soll eine echt tolle Party werden, denn immerhin will der fesche Andi endlich bei Marie landen. Die aber hat ihre kleine Schwester Annika im Schlepptau und begehrt den stilisierten Loser Julian. Der dickliche Internet-Junkie Sven ernennt sich selbst zum DJ, in der Hoffnung, die lässige Silvana zu erobern. Doch mit jeder leeren Flasche Champagner steigt auch der Pegel der Emotionen. Bis zum gewalttätigen Finale.
Es ist die Generation der 17- oder 18-jährigen Konsumkids, denen der deutsche Autor Lutz Hübner mit seinem Stück »Winner and Loser« einen Spiegel vorhält. Alles, was »in«, »hip« oder »trendy« ist, wird von Hübner persifliert; im Tonfall erinnert das auch sehr komische Stück an den chaotischen Gefühlskitsch beliebter Daily Soaps.
Im Theater im Zentrum hat das gesamte Ensemble [...] Hübners Stück für das Theater der Jugend auf die gestylte Bühne (Jürgen Kirner) gestemmt: Flott, grell, und mit einer unbändigen Lust an schriller Überzeichnung.
Gags werden mit Nachdruck und hohem Körpereinsatz serviert; in die Tiefe der Charaktere dringen die Darsteller (gut: Jakob Seeböck als im Selbstmitleid badender Julian und Ildiko Babos als Marie) nur selten vor. Denn letztlich ist alles einfach cool.
Peter Jarolin
Der Standard – 22.10.2002
Erfolglos verliebt
Das Theater der Jugend (TdJ) zeigt derzeit eine Art »Dawson's Creek« für Theatergänger. Der Raum in der Liliengasse hinterm Stephansdom wird dabei für eineinhalb Stunden zu einer musikalisch am Laufen gehaltenen Hochschaubahn jugendlicher Gefühle.
Problem: Andi ist in der Abschlussklasse und leider bei Marie erfolglos. In Lutz Hübners witzig-pointiertem Stück »Winner & Loser« soll eine Party endlich die Begehrlichkeiten abchecken. Das ergibt eine gut eingepasste, sehr abwechslungsreiche und optisch bestechende Show, in der das (gewohnt) echauffierte Spiel der TdJ-Schauspieler irritiert. Andi gewinnt Marie nicht. Er hebt in einem schön gesetzten Flugbild woandershin ab. Inszeniert hat nach dem Absprung Paola Aguileras schlichtweg das Ensemble. Alle Achtung. Ab dreizehn Jahren.
afze