2002/2003
Das höchst kuriose Abenteuer der hochwohlgeborenen kaiserlichen Tochter Marie Antoinette und des allseits bekannten Wunderkindes Wolfgang Amadé Mozart 6 +
von Thomas Birkmeir
Uraufführung
Stückinfo
Ort: | Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien |
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Zeitraum: | 04. Oktober 2002 - 18. November 2002 |
Premiere: | 05. Oktober 2002 |
Regie: | Corinna Jarosch |
Wien im Jahre 1762. Die Preußen stehen zwar wieder einmal vor der Tür -- doch die Pest ist niedergerungen, die Schulpflicht eingeführt, die Türken sind gerade abgezogen...
Um ein wenig Kultur in ihr kriegsmüdes Leben zu holen, lädt die österreichische Urmutter und Kaiserin Maria Theresia zur Audienz: Ein so genanntes »Wunderkind« aus der Provinz Salzburg erweckt Neugier und soll das Leben am Wiener Hof versüßen.
Promotet von seinem Vater Leopold, erscheint der kleine Wolfgang Amadé in Schönbrunn. Briefe des Vaters bezeugen uns heute eine rührende Geschichte, ist doch das kleine »Wolferl ausg'rutscht und hing'fallen?« Der Hilfsbereitschaft der Prinzessin Maria Antonia ist es zu verdanken, dass die Nachwelt Zeuge des ersten Heiratsantrages des Genies wurde: »Wenn ich mal groß bin, heirat' ich dich!«
Dass das Versprechen nicht eingelöst werden konnte, wissen wir aus der Geschichte: Fällt doch »Habsburgs Tochter« Maria Antonia als Königin Marie Antoinette nicht nur der Heiratspolitik ihrer Mutter, sondern auch den kopflosen Umständen der französischen Revolution zum Opfer, und zieht Wolfgang Amadé mit seiner Constanze Weber auch nicht gerade das große Los der Liebe?
Doch zurück in bessere Zeiten! Ins idyllische Schloss Schönbrunn? Dem Theater der Jugend liegen sensationelle Dokumente vor, die beweisen, dass Leopold Mozart in seinen Briefen aus gutem Grund nur die halbe Wahrheit über die Begegnung der beiden Kinder erzählte?
Denn - wie wir jetzt wissen - gerieten Amadé und Antoinette in ein gefährliches Abenteuer rund um einen geheimnisvollen blau schimmernden Vogel, das beinahe den Lauf der Welt und unser aller Leben verändert hätte?
Eine »verhängnisvolle Affaire«, die erklärt, warum die zeitgenössischen Geschichtsschreiber von der Kaiserin zum Schweigen verurteilt wurden!
Besetzung
Wolfgang Amadé | Simon Jaritz |
Marie Antoinette | Mirjam Slamar |
Kaiserin Maria Theresia | Peter Steiner |
Leopold Mozart | Herbert Schöberl |
Vogelfänger | Uwe Achilles |
Königin der Nacht | Nina Gabriel |
Kanzler Kaunitz | Klaus Rott |
Fürst zu Windisch | Bertram Mödlagl |
Freiherr von Bartenstein | Johannes Kaiser |
Graf von Daun | Herbert Pendl |
Ein General | Florian Schröder |
Der Ankläger | Klaus Rott |
Ein Denunziant | Herbert Pendl |
Der Angeklagte | Florian Schröder |
Ein alter Mann | Bertram Mödlagl |
Hohepriester der Königin der Nacht | Johannes Kaiser, Bertram Mödlagl, Herbert Pendl, Herbert Schöberl, Florian Schröder, Klaus Rott, Peter Steiner |
Regie | Corinna Jarosch |
Bühne | Andreas Lungenschmid |
Kostüme | Verena Oppermann |
Musik | Klaus Erharter |
Lichtgestaltung | Lukas Kaltenbäck |
Dramaturgie | Marlene Schneider |
Assistenz und Inspizienz | Eva Maria Gsöllpointner |
Regiehospitanz | Markus Felkel |
Kritiken
Falter 42/02 – 16.10.2002Wolferl M. rettet die Welt
[...] Allein der Reifrock der Maria Theresia in Thomas Birkmeirs Stuck »Amadé und Antoinette« ist in etwa so groß wie die Bühne des Niedermair, Drehbühne und Lichtregie tun ein Übriges, um Theaternovizen in einen Rausch der Sinne zu stürzen. Der junge, ein wenig an Jim Carrey erinnernde Mozart (Simon Jaritz) wird einmal mehr als potenzielles Opfer väterlicher Disziplinierung und rigider Obrigkeitsstaatlichkeit dargestellt, vermag sich aber erwartungsgemäß mit Witz und deftiger Wortwahl gegen diese durchzusetzen.
Übersinnliche Bedrohung erfahrt die Welt kindlich-ursprünglicher Kreativität durch die Königin der Nacht, die das Trauma des Kinderverlustes durch rigide Sangesfeindlichkeit kompensiert und überhaupt der Fantasie (verkörpert durch einen blauen Vogel) den Garaus machen will. Beinahe fällt Mozarts Spielgefährtin Marie Antoinette (Mirjam Slamar) dem Umerziehungsprogramm zum Opfer, da werden der finsteren Domina endlich ein paar empfindsame Tränen abgerungen, und alles wendet sich zum Guten -- nicht zuletzt dank der staatsmännischen Klugheit Maria Theresias, die Mozarts Weigerung, auf dem Klavierl zu spielen, in eine sentimentale Anekdote umlügt. Auf diese Weise wird den minderjährigen Besuchern wenigstens eine erste Dosis Ideologieskepsis injiziert: »Mutti, es hat nicht mal gepiekt!«
Klaus Nüchtern
Neue Kronen Zeitung – 11.10.2002
Höchst erfolgreicher Start
Das Foyer des Renaissancetheaters strahlt in sattem Rot und leuchtendem Gelb, eine Sonne ist das neue Emblem: Mit »Amade und Antoinette« eröffnete das Theater der Jugend höchst erfolgreich die neue Direktionszeit von Thomas Birkmeir. Und frischer Wind ist in allen Räumen und Gängen spürbar.
Erste Erfolgsmeldungen wie die Steigerung im freien Kartenverkauf machen dem jungen Hausherrn Freude, übermütig ist er nicht: Thomas Birkmeir weiß, dass auch im Theater der Jugend Sparen angesagt ist. Aber der Abo-Verkauf lief bisher bestens, die Repertoire-Vorstellungen sind voll!
Üppige Farben statt Designergrau, neue Gesichter im Ensemble und junge Regisseure: Birkmeir zeigt Geschmack abseits des Wiener Alltags, ohne die Jetztzeit der Jugend zu vergessen. Und er schenkte sich mit seinem Stück »Amadé und Antoinette« die erste Premiere im Theater der Jugend, Regie führte aber die talentierte Corinna Jarosch.
Bei den »höchst kuriosen Abenteuern« des Salzburger Musikgenies (liebenswert-frech: Simon Jaritz) und der Tochter Maria Theresias (schnippisch: Mirjam Slamar) im »freudlosen Schattenreich der Königin der Nacht« verzaubert sie mit klug-einfachen Ideen, mit Licht- und Drehbühneneffekten. Birkmeirs Parabel über eine Welt ohne Musik, Kunst, Phantasie begeistert Klein wie Groß. Und sie erscheint wie ein Credo auf seine frühere (und zukünftige?) Arbeit.
Thomas Gabler
Die Furche – 10.10.2002
Kinder an die Macht. Das Theater der Jugend päsentiert sich unter neuer Leitung witzig,kurzweilig und hintersinnig.
Mit der Uraufführung von »Das höchst kuriose Abenteuer der hochwohlgeborenen kaiserlichen Tochter Marie Antoinette und des allseits bekannten Wunderkindes Wolfgang Amadé Mozart« kurz: »Amadé und Antoinette« baut der neue künstlerische Leiter Thomas Birkmeir ein Stück um die Legende, dass der kleine Mozart vor der Kaiserin Maria Theresia in Schönbrunn aufgetreten sein soll -- und das im Spannungsfeld zwischen perfekter Unterhaltung, pädagogischem Impetus und intellektuellem Anspruch. In der kurzweiligen Inszenierung von Corinna Jarosch, die auf den wunderbaren Wortwitz und die perfekt gebauten Dialoge setzt, geraten Antoinette (Mirjam Slamar, die die Bandbreite zwischen mädchenhafter Verspieltheit und prinzessinenhaftem Allürentum bravourös abdeckt) und Wolfgang Amadé (Simon Jaritz als ein wenig gar aufgedrehter kindlicher Held) in ein gefährliches Abenteuer rund um einen blauschimmernden Vogel, der als klar gesetztes Symbol für Musik und die damit verbundene Lebensfreude und Phantasie steht. Zu gleich treten Figuren aus Mozarts Opern als personifizierte Inspirationen auf: der Vogelfänger (Uwe Achilles mit dem Handwerk des Komikers perfekt ausgestattet) und die Königin der Nacht (Nina Gabriel als ambivalent traurige Hexe), die Antoinette gefangen nimmt. Das Wissen um die eigene Identität, die Kraft der Freundschaft und Aufrichtigkeit (die sich konkret darin manifestiert, dass sich Wolfgang aus Angst, sich das Kreuz zu brechen, nicht verbeugen will) retten die Kinder, eindeutiges Statement für Mut und Eigenständigkeit. Aber auch, dass nicht alles echt ist, was glitzert, und nicht al les gut ist, was hell schimmert, und dass die Dinge oft einen doppelten Boden und zwei Seiten haben, erzählt das engagierte Team an diesem Nachmittag, sowohl für Kinder als auch für Erwachsene ein einziges Vergnügen.
Die Begegnung von Antoinette und Amadé wird zugleich zur Konfrontation Politik versus Kunst. In diesem dramaturgisch klug gebauten Stück gelingt es Birkmeir, sich mit unglaublich viel Witz und Ironie der österreichischen (Kultur-)Geschichte zu nähern bzw. diese zu vermitteln. Die Rolle der Kaiserin Maria Theresia ist mit Peter Steiner besetzt, der die nationale Heroin samt dem Mythos um ihre Regierungskünste genial verfremdet. Die Glorifizierung des spezifisch Österreichischen wird dabei als politische Kurzsichtigkeit und Bequemlichkeit desavouiert. »Wir sind in Österreich. Da gibt es keine Abenteuer.«
Julia Danielczyk
Kurier – 07.10.2002
Spiel mit der Wahrheit
Im feudalen Schloss Schönbrunn hat Wolfgang Amadeus Mozart einst vor Kaiserin Maria Theresia musiziert. So berichten es zumindest die Geschichtsbücher. Für das Theater der Jugend aber enthüllt Intendant und Autor Thomas Birkmeir mit dem Stück »Amadé und Antoinette« die gut erfundene Wahrheit über die Begegnung zwischen dem jungen Genie und der imperialen Tochter Marie Antoinette. Ein modernes Märchen, das dank der stringenten Regie von Corinna Jarosch auch ältere Besucher in den Bann zieht.
Ein tölpelhafter aber liebenswerter Vogelfänger (Uwe Achilles) eine böse, emotional gebrochene Königin der Nacht (Nina Gabriel), eine kaiserliche Urmutter (Peter Steiner), ein sprechender Stein, ein blauer Vogel und ein schräger Hofstaat -- mit visuell wirksamen Mitteln setzt Regisseurin Jarosch den [...] Text in Szene und führt die Sympathieträger Simon Jaritz (Amadé) und Mirjam Slamar (Antoinette) sicher durch alle Gefahren.
Peter Jarolin
Wiener Zeitung – 07.10.2002
Ein fulminanter Auftakt
Der mit Spannung erwartete Auftakt im Theater der Jugend unter neuer Leitung ist gelungen: Im Renaissancetheater fand Samstag die Premiere von »Amadé und Antoinette« statt. Untertitel des einfallsreichen Stückes von Neointendant Thomas Birkmeir: »Das höchst kuriose Abenteuer der hochwohlgeborenen kaiserlichen Tochter Marie Antoinette und des allseits bekannten Wunderkindes Wolfgang Amadé Mozart«.
Und es ist wahrlich eine kuriose Geschichte, die hier erzählt wird: Amadé und Antoinette, zwei ziemlich ungebärdige Kinder, gehen ohne Erlaubnis in den Park von Schönbrunn spielen und driften dabei in ein traumhaftes Abenteuer ab, in dem Figuren aus Mozarts späteren Werken erscheinen. Das Abenteuer stärkt ihre Persönlichkeit und sie lernen sich selbst dabei besser kennen. Am Schluss hat der Alltag sie wieder, doch es wird nie mehr so sein wie früher.
Regisseurin Corinna Jarosch lieferte eine furiose Aufführung voll Fantasie und ausgeflippter Einfälle, Andreas Lungenschmid sorgte - unterstützt von dem Lichtgestalter Lukas Kaltenbäck - für das zauberische Bühnenbild, Verena Oppermann für teils witzige, teils das Magische der Aufführung unterstreichende Kostüme. Klaus Erharter zeichnet für die Musik verantwortlich.
Zwei Talentbündel sind Simon Jaritz (Amadé) und Mirjam Slamar (Antoinette), Peter Steiner ist eine skurrile, aber niemals peinliche Maria Theresia, Nina Gabriel eine faszinierende Königin der Nacht. Uwe Achilles als Vogelfänger und Herbert Schöberl als Vater Mozart profilieren ihre Rollen bestens. Schillernde Gestalten liefern weiters: Klaus Rott, Bertram Mödlagl, Johannes Kaiser, Herbert Pendl und Florian Schröder.
Alles in allem: ein üppiges, fesselndes Theatererlebnis, das den Kleinen zweifellos Lust auf mehr macht.
Lona Chernel