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  • Der Nussknacker Der Nussknacker
 

2016/2017

Der Nussknacker 6 +

nach E.T.A. Hoffmann
von Gerald Maria Bauer

Stückinfo

Ort: Renaissancetheater, Neubaugasse 36, 1070 Wien
Zeitraum: 13. Dezember 2016 - 29. Januar 2017
Premiere: 14. Dezember 2016
Dauer: 02:00
Regie: Gerald Maria Bauer

»Marie: Ach mein armer Nussknacker!
Fritz: Das ist ein einfältiger dummer Bursche.
Will Nussknacker sein, und hat kein ordentliches
Gebiss – mag wohl auch sein Handwerk nicht
verstehen. Gib ihn nun her, Marie!«

E.T.A. Hoffmann. Nussknacker und Mausekönig

Als Nesthäkchen hat man nur Vorteile? – Pah! Denn Marie ist sicher nicht das verwöhnteste Kind in der Familie!
Ganz im Gegenteil: Bruder Fritz ist ein regelrechter Rabauke, und Schwesterchen Luise, die Älteste, ist seit ein paar Jahren wie ausgewechselt! Gäbe es kein Riechsalz, wäre die Frau Mama aufgeschmissen, und der Herr Papa lässt sich vor »Terminen« wenig zu Hause blicken, und wenn, dann will er nicht gestört werden.
Und wer behauptet, Weihnachten sei die schönste Zeit im Jahr, der irrt gewaltig! Denn da geht der Stahlbaumsche Familienterror erst so richtig los! Besonders dann, wenn eine Maus im Haus vermutet wird.
Wäre da nicht Onkel Drosselmeier, Marie würde aus der Haut fahren! Denn niemand kann so viele atemberaubende Geschichten erzählen wie ihr, zugegeben, etwas schrulliger Patenonkel. Da er aber ein passionierter Uhrmacher ist und sich auf das Konstruieren mechanischer Puppen versteht, gibt es von Drosselmeier dafür immer die tollsten Geschenke zu Weihnachten! Diesmal ist es eine kleine unscheinbare Holzfigur in roter Livree mit großem Mund: ein Nussknacker, den Marie sofort ins Herz schließt! Doch ein Drosselmeiersches Geschenk wäre nicht komplett, gäbe es dazu nicht die aufregendsten Geschichten. Was hat es mit diesem sympathischen Nussknacker auf sich? Ist er letzten Endes sogar verflucht? Und warum macht sich des Nächtens eine gewisse Prinzessin Pirlipat, die fatale Ähnlichkeit mit der Backfischchenschwester Luise hat, mitsamt Gefolge im Wohnzimmer breit? Nun, eines ist gewiss: Marie wird dem Spuk ein Ende setzen…
Mit seinen skurril-phantasievollen Erzählungen gehört E.T.A. Hoffmann vermutlich zu den verspieltesten Schriftstellern des deutschsprachigen Raumes. Nicht umsonst inspirierte er mit seinen unzähligen Kunstmärchen und Literatur gewordenen Traumarabesken gleichermaßen andere Autoren wie Komponisten nachfolgender Generationen.

Aufführungsrechte: Theater der Jugend, Wien

Besetzung

Marie Tanja Raunig
Fritz, ihr älterer Bruder / Der Mausekönig Stefan Rosenthal
Luise, ihre ältere Schwester / Mamsell Trutchen / Prinzessin Pirlipat Janina Stopper
Medizinalrat Stahlbaum, deren Vater / Der König Florian Stohr
Frau Stahlbaum, die Mutter / Mauserinks Pia Baresch
Gerda, Stubenmädchen und Köchin / Die Königin Barbara Spitz
Der Nussknacker / Christian Elias Drosselmeier Luka Dimic
E.T.A. Hoffmann / Johann Elias Drosselmeier, Maries Patenonkel Matthias Mamedof
Regie / Bühne Gerald Maria Bauer
Bühne Magdalena Wiesauer
Kostüme Stephan Dietrich
Figurendesign / Figurenbau Rebekah Wild
Dramaturgie Yvonne Zahn
Licht Christian Holemy
Assistenz und Inspizienz Anna Klein
Hospitanz Florina Petkova

Kritiken

Kronen Zeitung – 19.12.2016

Turbulente Weihnachtsnacht

Meister E.T.A. mokiert sich im Prolog, dass da ein Komponist sein Märchen zum Ballett machte, seiner liebenswerten Geschichte die Worte nahm. Im Renaissancetheater hat sie Gerald Maria Bauer (Bühnenfassung und Regie) klug, fantasiereich und amüsant wiederbelebt. P. I. Tschaikowsky ist rasch vergessen!

Viel tut sich ab der Weihnachtsnacht im vornehmen Hause Stahlbaum. Nussknacker und Puppen werden um Mitternacht lebendig, diebische Mäuslein zu rachsüchtigen Monstern mit Mordsappetit. Hoffmanns Märchen vom Nussknacker (und Mausekönig) hat nicht nur Charme, es spiegelt auch das aufkommende Interesse an Technik am Beginn des 19. Jahrhunderts wider, appelliert an Mut, lässt auch den Spaß trotz allerlei bedrohlicher Szenerien nicht außer Acht. Das alles vereint Gerald Maria Bauers Inszenierung: Sie zeigt Fantasie, Charme, Stimmung, macht schaudern (aber nicht zu sehr)... Maries Courage bei der Erlösung von Onkel Drosselmeiers Neffen Christian (der Nussknacker) gefällt einfach! Ein Weihnachtszimmer, aus dem der Christbaum schimmert, ein kleines Papiertheater, das Bühnenformat annimmt, und ein Ensemble, das in unterschiedlichste Rollen schlüpft, Charaktere wechselt wie die Kostüme: Tanja Raunig als Marie (der niemand glaubt), Luca Dimic als adretter Nussknacker mit schlotternden Knien, Matthias Mamedof als Hofmann und Onkel, Janina Stopper als hysterische Schwester Luise und Puppenmamsell Trudchen, Florian Stohr als Papa Stahlbaum, Pia Baresch als Mama
(eine Primadonna) und böse Mausemutter, Stefan Rosenthal als Bruder Fritz und naiver Mausekönig wie auch Barbara Spitz als Stubenmädchen begeistern - Jung wie Alt!

Thomas Gabler


Der Standard – 17.12.2016

"Der Nussknacker": Rachsüchtige Mäuse in Menschengröße

Das Märchen nach E. T. A. Hoffmann im Renaissancetheater

Wien – Über das Unheimliche schrieb Sigmund Freud, dass es das Heimische in sich trägt. E. T. A. Hoffmann lässt sein Märchen Nußknacker und Mausekönig auch in einem familiären Umfeld spielen – und betritt in der Bühnenadaption im Renaissancetheater gleich selbst die Bühne. Aus dem Boden empor steigt Hoffmann (Matthias Mamedof) und wirbelt mit seinem Lockenkopf im Rhythmus seiner Geige. Mitgebracht hat er seinen Kater Coppelius, der gleich das Eis zu dem jungen Publikum bricht – und einen Bogen zu einer anderen Erzählung Hoffmanns schlägt.

In Der Sandmann fürchtet der junge Nathanael den Advokaten Coppelius und dessen "grünliche Katzenaugen", den er als Erwachsener im Optiker Coppola wiedererkennt – worauf er sich in die Puppe Olympia verliebt. Die kindliche Fantasie und die Faszination für mechanische Dinge bestimmen auch Der Nussknacker. Und auch hier ist Coppelius – diesmal jedoch in Form einer lustigen Katzenpuppe mit Spiralkörper – der Auslöser der Illusion.

Noch ein bisschen warten

Das Haus der Familie Stahlbaum am Weihnachtsabend. Das perspektivisch verzerrte Zimmer (Bühne: Gerald Maria Bauer / Magdalena Wiesauer) zeugt schon von den sonderbaren Dingen, die bald geschehen werden. Während ihre Eltern und ihre Geschwister genervt der Bescherung entgegensehen, erfreut sich die kleine Marie (Tanja Raunig) an ihrem Patenonkel Drosselmeier (ebenfalls Mamedof), der stets die fantasievollsten Geschenke bringt. Dieses Jahr schenkt er ihr ein Papiertheater und einen Nussknacker (Luka Dimic), der zu Mitternacht lebendig wird. Marie erfährt von seinem Schicksal und stellt sich im Kampf gegen den Mausekönig und dessen Mutter Mauserinks ihren Ängsten.

Regisseur Gerald Maria Bauer hat mit seiner Fassung eine kind- und zeitgemäße Version des Märchens kreiert. Darum bricht auch nicht die Liebe des Mädchens zu dem Nussknacker den Fluch, sondern die Fantasie des Kindes. Charmant wird auf diese altersgerechte Änderung auch hingewiesen: Als der Nussknacker Marie küssen möchte, sagt sie: "Da müssen wir noch ein paar Jahre warten."

Tollpatsch und Träumer

Neben dem Bühnenbild beeindrucken vor allem die Kostüme (Stephan Dietrich), die die Schauspieler in Puppen verwandeln. Lobenswert ist das gesamte Ensemble: Mamedof und Raunig überzeugen als Traum-Verfechter, Janina Stopper in ihrer trotzigen Dreifachrolle. Stefan Rosenthal nervt – und soll es auch – als älterer Bruder Fritz und erfreut als tollpatschiger Mausekönig. Pia Baresch hat als rachsüchtige Mauserinks und strenge Mutter den Part der Bösewichte. Eine durchwegs gelungene Inszenierung mit einer liebenswerten Botschaft: Die Fantasie eines Kindes kann alles besiegen – auch rachehungrige Mäuse in Menschengröße.

Katharina Stöger


Wiener Zeitung – 16.12.2016

Unter Mäusen

Ernst Theodor Amadeus Hoffmann gehört der erste Auftritt. Mit Verve spielt Matthias Mamedof den Autor (1776-1822), dessen künstlerische Strahlkraft über Genregrenzen und Zeiten hinaus wirkte und der zahlreiche Künstler und Komponisten inspirierte.

Gerade seine Erzählung "Nussknacker und Mäusekönig" (1816) ist dafür ein Paradebeispiel: Tschaikowskis Komposition, die auf Alexandre Dumas Stoffbearbeitung basiert, und das gleichnamige Ballett sind bis heute Dauerbrenner in den Opernhäusern. Nun ist "Der Nussknacker" in einer griffigen Bearbeitung von TdJ-Chefdramaturg Gerald Maria Bauer im Theater der Jugend zu sehen.

Am Weihnachtsabend, Schlag Mitternacht, erwachen die Spielsachen zum Leben. Das Kind Marie (überzeugend: Tanja Raunig) und die Puppe Mamsell Trudchen (Janina Stopper) liefern sich nächtliche Schlachten mit dem Mäusekönig (Stefan Rosenthal), um den verzauberten Nussknacker (Luka Dimic) zu erlösen.

Die sprühende Geschichte, die zwischen Tag und Traum changiert, spielt im Renaissancetheater in luxuriöser Ausstattung samt historischen Kostümen mit bodenlangen Kleidern und Perücken (Ausstattung: Bauer, Magdalena Wiesauer und Stephan Dietrich).

Regisseur Bauer gelingt in der knapp zweistündigen Aufführung für Kinder ab sechs Jahren eine gewitzte Aneignung des bekannten Motivs - anspielungsreich, humorvoll und handwerklich gekonnt. An Fantasie (herausragend: die Märchenwelt in der schwarz-weißen Papiertheaterbühne) nimmt es der Regisseur mit E.T.A. Hoffmann ohne weiteres auf.

Petra Paterno


Online Merker – 15.12.2016

WIEN / Theater der Jugend: DER NUSSKNACKER

Es stimmt schon, dass man den „Nussknacker“ im Grunde nur als Ballett kennt und sich – eigentlich ist es ja eine Schande! – gar nicht mehr bewusst macht, von wem die Geschichte stammt: Von E.T.A. Hoffmann nämlich, und sie eignet sich bestens als „Kinderstück“, weil es echte Familienszenen bringt (samt Zank und Streit) und eine wunderschöne Aussage hat: „Alle Macht der Phantasie!“

Die kleine Marie kann sich vorstellen, dass der Nussknacker (er sei so hässlich, sagt ihre ältere Schwester verächtlich), den ihr Onkel Drosselmeier schenkt, nicht nur eine tote Puppe sei, sondern dass ein Mensch mit einem Schicksal dahinter steckt. Und so ist es auch, wobei der böse Mausekönig da noch gewaltig dazwischen fährt und für Turbulenzen sorgt…

Gerald Maria Bauer hat aus der Erzählung ein Stück gemacht, es temperamentvoll inszeniert und auch noch zusammen mit Magdalena Wiesauer das wirklich schöne Bühnenbild geschaffen, geeignet, eine großbürgerliche Geschichte im Bamberg des 19. Jahrhunderts zu erzählen. Entsprechend nobel hat auch Stephan Dietrich die Darsteller eingekleidet.

Für die Rahmenhandlung schickt Bauer den Dichter E.T.A. Hoffmann persönlich auf die Bühne, der die Kinder einstimmen kann und dann als Onkel Drosselmeier mitspielt: Er erzählt der kleinen Marie phantastische Geschichten, während ihre Familie lieber fest am Boden der Realität verhaftet bleibt. Am Ende allerdings sind alle bekehrt, und so soll es auch sein.

Matthias Mamedof, den man 2009 in eben diesem Renaissancetheater in Neil Simons „Brooklyn Memoiren“ regelrecht entdeckt hat, der dann eine wunderbare Entwicklung an Schottenbergs Volkstheater machte und mit der Intendanz Badora (wie alle seine Kollegen mit ganz wenigen Ausnahmen) aus dem Ensemble flog, ist wieder an das Theater der Jugend zurückgekehrt und mit seiner Präsenz, seiner hervorragenden Sprache und seiner seelenvollen Vis Comica der denkbar beste Zentralpunkt des Stücks, um den sich alles dreht.

Ähnlich ideal ist Tanja Raunig, die sich – nein, nein und nochmals nein! – ihre Phantasie von niemandem rauben lässt, und im übrigen bewundert man immer wieder die durchgehende Qualität des Theater der Jugend-Ensembles, ob das Pia Baresch und Janina Stopper als Mutter und Schwester sind oder Florian Stohr als Vater, Stefan Rosenthal als Bruder, Luka Dimic als Nussknacker. Besonders drollig fegt Barbara Spitz als englische Haushälterin durch die Szene, und alle verdienen sich ihr Geld vielfach, indem sie mehrere Rollen spielen müssen.

Renate Wagner


Kinder Kurier – 15.12.2016

Ein Loblied auf Fantasie und Spinner

E.T.A Hoffmanns „Der Nussknacker“ in einer Version des Wiener Theaters der Jugend.

Ein Kind, das nichts als Hirngespinste hat, den Kopf verliert... – so jammern Vater und vor allem die Mutter von Marie. Natürlich muss sich am Ende Die Fantasie des Mädchens offensichtlich auch für die anderen lohnen und sie ihre Vorhalte zurücknehmen. Rund um diese Grundthese baut die „Nussknacker“-Version des Theaters der Jugend in Wien das rund zweistündige Stück auf.

Als Prolog und fallweise zwischendurch tritt im Wiener Renaissancetheater (dem größeren Haus des Theaters der Jugend) der Dichter Ernst Theodor Amadeus (ursprünglich Wilhelm) Hoffmann selbst sozusagen in Erscheinung. Folgerichtig mit demselben Schauspieler und in der nämlichen Gestalt besetzt wie die Figur von Maries Patenonkel Johann Elias Drosselmeier.

Spielzeug wird lebendig

Dieser schenkt seiner Patennichte zu Weihnachten einen hölzernen Nussknacker in Form eines Soldaten. Ihr Bruder demoliert ihn gleich, sie beginnt ihn zu pflegen und in der Nacht als die Eltern weg sind, weil Mutter bei einer Gala singen darf, werden Nussknacker, Maries Puppe und noch ein paar andere Spielsachen lebendig. Vor allem zwischen Nussknacker und Mausekönig samt seiner herrschsüchtigen Mutter entwickelt sich ein fürchterlicher Kampf, bei dem Marie gebissen wird – was ihr später Mäuseohren einbringt.

Eine Zwischengeschichte – wie es zur erbitterten Feindschaft zwischen Menschen und Mäusen gekommen ist – wird hier in Form eines riesigen „Papiertheaters“ mit Königin, König, arroganter Prinzessin Pirlipat, Köchin und – recht witzig erzählt.

Heinz Wagner


Materialien

Unsere theaterpädagogischen Materialien zu "Der Nussknacker" bieten Ihnen Informationen, Fragebögen, Spiele und Szenenvorschläge! So können Sie die besuchte Aufführung mit Ihrem Kind oder Ihrer Klasse auf phantasievolle Weise vor- und nachbereiten.
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